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15. März 1990

von Reinhard Alings 15.03.2024, 3 Min. Lesezeit

#otd: Solomon Burke im Großen Saal

Cover der Schallplatte »A Change Is Gonna Come« von Solomon Burke, 1986, Foto: Reinhard Alings, 2024
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Es ist ein Donnerstag. Die Grenze zwischen Ost und West existiert noch, aber sie ist mehr zu einer Floskel geworden. Im Westen Berlins sind Straßen, Läden und Banken überfüllt – die Angebote im Osten locken zunehmend Westbürger*innen in den Ostteil. Im Palast der Republik tritt Solomon Burke auf, massiger US-amerikanischer Soul- und Rhythm and Blues-Sänger. Der Eintrittspreis ist erstaunlich niedrig. Karten verfügbar. Der Palast der Republik reizt mich zusätzlich. Also mit Andreas auf kurzem Weg über Heinrich-Heine-Straße von Kreuzberg (West) nach Mitte (Ost).

Foyer, Gläserne Blume, Restaurants, Imbisse? Wir müssen das alles gesehen haben. Die Erinnerung ist verblasst. Aber der Große Saal ist noch vor Augen. Wirklich groß, wirklich weit weg ist die Bühne. Gut gefüllt aber nicht ausverkauft. Wir sitzen im Rang in viel zu dick gepolsterten, unverrückbaren Wohnzimmersesseln. Entschieden zu bequem für ein mitreißendes Konzert, eher für stundenlange Parteitage ausgelegt. Das Konzert hält, was es verspricht. Burkes Stimme ist einzigartig. Die Stimmung emotional. Dann der Höhepunkt des Abends: »A Change Is Gonna Come« – das Lied zur Lage der Nation. Jubel. Endlich erhebt sich das Publikum mühsam aus den Polstersesseln: standing ovations. Gänsehaut. Feuchte Augen. Unvergesslich.

Reinhard Alings ist Teil des Programmteams »Der Palast der Republik ist Gegenwart«. Er ist Kurator der gleichnamigen Ausstellung, die ab Mai 2024 im Humboldt Forum zu sehen sein wird.

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