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Der Palast der Republik ist…

von Judith Prokasky 23.11.2022, 3 Min. Lesezeit

…ein Gebäude mit verschiedenen Bedeutungen

»Ich bin geschichtlich zu sehr aufgeladen«, Illustration des Graphic Recordings im »Palast-Treff« am Themenwochenende Palast der Republik, 30.04./01.05.2022
© graphicrecording.cool (Johanna Benz, Tiziana Beck) / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss
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Geliebt und verhasst, bewundert und geschmäht, verschwunden und doch nicht vergessen: Wo sich heute das Humboldt Forum befindet, stand einst der Palast der Republik. Er war Sitz der Volkskammer und Ort der Repräsentation der DDR, aber auch eine Stätte von offizieller und Alltagskultur mit modernem Design und zeitgenössischen Kunstwerken, 13 Restaurants und Cafés, einer Diskothek und einer Bowlingbahn. Bis heute ist er im Bewusstsein vieler Menschen präsent.

Im März 1990 konstituierte sich im Palast der Republik die erste frei gewählte Volkskammer, die dort den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik beschloss. Damit endete die DDR-Geschichte des Palastes der Republik, wenige Tage darauf wurde er vom Berliner Magistrat wegen Asbestbelastung geschlossen. 2002 fiel die Entscheidung für den »Rückbau«. Was für die einen die Befreiung von einem Repräsentationsbau des DDR-Unrechtsstaates war, empfanden andere als Auslöschung von Geschichte und Entwertung ostdeutscher Biografien.

Das Gebäude ist durch den Abriss seit 2008 baulich völlig verschwunden und am Ort nur noch museal erfahrbar, allerdings weiterhin sehr präsent in der Wahrnehmung des Ortes, nicht zuletzt als Projektionsfläche für Gefühle des Verlustes oder der Unterdrückung.

Der Palast ist Erzähl- und Gesprächsanlass für eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes und für eine Diskussion politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen – auch über Berlin und Deutschland hinaus.

Judith Prokasky ist Teil des Programmteams »Der Palast der Republik ist Gegenwart«. Sie ist promovierte Kunsthistorikerin, Rheinländerin, seit über zwanzig Jahren als Kuratorin & Publizistin tätig, seit Anfang 2014 für die Stiftung Humboldt Forum, aktuell als Programmleiterin für »Der Palast der Republik ist Gegenwart«.

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  1. Helmut Krüger sagt:

    Für durchweg unterbelichtet halte ich die Empfindung, dass gerade im Kern einer Stadt nicht an jedem Ort ein beliebiger Bau hingestellt werden kann. Auf jeden Fall im Kontext des klassischen europäischen Städtebaus ist das so, anders als bspw. in Nordamerika oder in Staaten, in denen die jeweiligen Machthabenden dem städtischen Gepräge für ihre Zeitperiode einen vollkommen anderen Stempel aufdrücken konnten, gleich, was dort drumherum steht.

    Dass sich die Architektur des Humboldt-Forums in Gestalt des früheren Berliner Schlosses auf die Bebauung der „Linden“ bezieht, sie aufgreift, ihr erst den Ausgangspunkt verschafft, wozu der Palast der Republik aufgrund seiner Architektursprache nicht in der Lage war, geht dabei oftmals unter.

    Diese Zeilen beziehen sich freilich auf die Nord-, Süd- und Westseite des Humboldtforums. Was die Ostseite anbelangt, hätte ich ein Beibehalten des Palastes für ausgesprochen vertretbar und auch gut gehalten.

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