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5. Juni 1990

von Anke Schnabel 05.06.2024, 5 Min. Lesezeit

#otd: Demontage des Staatsemblems

Westfassade des Palastes der Republik mit abmontiertem Staatsemblem
© bpk / Bundesstiftung Aufarbeitung / Günter Bersch
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Am 5. Juni 1990 wurde das viereinhalb Meter große Staatsemblem von der Außenfassade des Palastes entfernt. Das aus Hammer, Zirkel und Ährenkranz bestehende Wappen war ab 1955 per Gesetz das Hoheitszeichen der DDR und sollte die politisch-gesellschaftliche Ordnung des »Arbeiter- und Bauernstaates« symbolisieren.

Auch im Plenarsaal, in dem die Volkskammer im Palast tagte, hing das Wappen an der Wand hinter dem Rednerpult. Und so kam ab dem 5. April 1990 die erste und letzte frei gewählte Volkskammer der DDR unter dem Staatswappen zusammen. Es dauerte knapp zwei Monate, bis die DSU (Deutsche Soziale Union) einen Antrag auf Entfernung des Emblems stellte. Am 31. Mai 1990 beschloss die Volkskammer: »Alle Staatswappen, die sich in und an öffentlichen Gebäuden befinden, sind unverzüglich, spätestens jedoch in Wochenfrist, zu entfernen. Wo das aus technischen oder finanziellen Gründen nicht möglich ist, ist das Wappen zu verdecken.«

Auf den Kopf gestellt: Hammer, Zirkel und Ährenkranz – ein Staatswappen aus dem Palast der Republik, demontiert im Juni 1990
Foto: Bert Borstelmann

Sabine Bergmann-Pohl, Präsidentin der letzten Volkskammer und damit Staatsoberhaupt der DDR, erinnert sich:

»Ich weiß bloß, dass ein Abgeordneter ganz spontan während einer Sitzung gesagt hat: Unter diesem Emblem will ich nicht mehr reden. Und dann wurde, wie es in der Volkskammer eben immer so oft war, ganz spontan ein Beschluss gefasst, dass überall die Embleme entfernt werden. Ich hatte auch ein Emblem bei mir in der Volkskammer über dem Schreibtisch. Es wurde dann auch entfernt. Was man aber nicht bedacht hatte dabei: Ich war ja Staatsoberhaupt, wie gesagt auch noch, ich kriegte plötzlich Anrufe von Botschaften aus aller Welt, die zu mir gesagt haben, wir sollen jetzt die Embleme hier an unserem Botschaftsgebäude entfernen? Wir sind ja gar nicht mehr erkennbar, dass wir die Botschafter der DDR sind. Und dann habe ich gesagt: Wissen Sie, ich glaube, das interessiert hier in Deutschland keinen, ob Sie ihr Emblem noch dran haben oder nicht dran haben.«

»Hin und weg«

Die Ausstellung

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Heute befinden sich das Emblem der Außenfassade und das aus dem Plenarsaal der Volkskammer in der Sammlung der Stiftung Haus der Geschichte des Bundesrepublik Deutschland.

Zwei Teilstücke des Emblems aus der Volkskammer sind bis zum 17. Februar 2025 in der Ausstellung »Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart« zu sehen.

Quellen:

Staatswappen vom Palast der Republik abmontiert | Chronik 1989/90 | bundesregierung.de

Videointerviews zur Geschichte des Ortes mit Sabine Bergmann-Pohl vom 12. November 2019, geführt von Julia Novak, Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss

Anke Schnabel ist Kuratorin im Ausstellungsteam »Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart«. Geboren und aufgewachsen in West-Berlin ist sie als Historikerin und Kuratorin seit über 20 Jahren für Museen und Gedenkstätten tätig. Seit 2015 arbeitet sie für die Stiftung Humboldt Forum, aktuell im Team an der Sonderausstellung zum Palast der Republik mit dem Schwerpunkt Erinnerungsarbeit.

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