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24. Juli 1980

von Carolin Kaever 24.07.2024, 4 Min. Lesezeit

#otd: Public Viewing im Palast der Republik

»Olympia Live im Palast der Republik. Farbfernseh-Großbild-Übertragung von den Olympischen Spielen 1980 in Moskau«
© Deutsches Historisches Museum / digitale Reproduktion: Stiftung Humboldt Forum
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Public Viewing schafft Gemeinschaft. Sportliche Großereignisse in öffentlichen Räumen unter Gleichgesinnten zu verfolgen, ist bis heute beliebt, wie es die EM 2024 jüngst erst wieder zeigte. Nicht für den Fußball, doch aber für die Olympischen Spiele öffnete im Sommer 1980 der Palast der Republik am 24. Juli seine Türen und verlängerte bis zum 3. August die Sitzbänke der fernen Stadien und Wettkampfstätten nach Ost-Berlin. Täglich bot der Palast ein Unterhaltungsprogramm rund um das Ereignis, lockte mit der »Fernseh-Großbild-Übertragung« in Farbe, Autogramm-Stunden mit prominenten Sportler*innen und Foto-Terminen mit dem Maskottchen »Mischka«. Die Veranstaltung erwies sich als ein Publikumsmagnet. Mehr als 20.000 Menschen verfolgten die Spiele auf der Großleinwand im Großen Saal und kamen in den Genuss modernster Technik, die anlässlich der olympischen Live-Übertragung erstmalig zum Einsatz kam, wie sich der ehemalige Regisseur im Palast, Volker Büttner, erinnert.

Büttner war als Chefregisseur für das gesamte Veranstaltungsprogramm im Palast verantwortlich und hatte erst ein Jahr zuvor 1979 seine Stelle angetreten. Er berichtet in einem Videointerview von dem für damalige Zeiten ungewöhnlichen Veranstaltungsformat.
Hier könnt Ihr das Interview sehen

Die Moskauer Spiele 1980 waren für die sozialistischen Staaten ein großes Fest, war es doch das erste Mal, dass ihnen der Austragungsort zugesprochen worden war. Stolz zelebrierten Presse und Medien der DDR das Ereignis als Höhepunkt der lang ersehnten internationalen Anerkennung der sozialistischen Länder, der politische Boykott zahlreicher Nationen sollte diesem Erfolg keinen Abbruch tun. Im Zuge des Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan 1979 hatten die USA zur Nichtteilnahme der Spiele aufgerufen. Mit Erfolg. Im Ergebnis blieben die sozialistischen Staaten in Moskau größtenteils unter sich. Die Mehrzahl der Sportler*innen kamen aus der Sowjetunion, der DDR oder einem Land Ost- und Südosteuropas. Nur wenige westliche Länder nahmen teil, von denen am stärksten Großbritannien vertreten war, während die USA, die Bundesrepublik und zahlreiche andere Länder gar keine Athleten nach Moskau entsandt hatten.

Am 27. Juli 2024 ist es wieder soweit, die Olympischen Spiele in Paris beginnen und werden den Staffelstab an Los Angeles übergeben, dem Austragungsort 2028. Bereits 1984, direkt im Anschluss an Moskau war Los Angeles Gastgeberstadt der Sommerspiele. Dieses Mal hatten die Sowjetunion und die DDR den Wettbewerb boykottiert, sodass dieser ohne deren Beteiligung stattfand. Dementsprechend war die Berichterstattung in der DDR stark reduziert, auch eine erneute Live-Übertragung im Palast blieb aus.

Zum Nach- und Weiterlesen:

Berliner Zeitung, 12./13.7.1980 sowie 24.7. und 25.7.1980

Olympia in Moskau 1980 als Leistungsschau für den Sozialismus | Deutschland Archiv | bpb.de

»Boykott mit Völkerfreundschaft« | deutschlandfunk.de

Carolin Kaever gehört zum Programmteam »Der Palast der Republik ist Gegenwart«. Geboren und aufgewachsen im Nordosten Berlins studierte sie Amerikanistik, Hispanistik sowie Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität Leipzig und arbeitete danach vorwiegend an Theatern in Berlin und Baden-Württemberg. Seit September 2021 ist sie Programmreferentin beim Projekt »Palast der Republik« der Stiftung Humboldt Forum.

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