»Gefährlich gefährdete« Orte mit DDR-Geschichte
Das Symposium »Gefährlich gefährdet – Neuaneignung von Orten mit DDR-Geschichte« brachte am 13. und 14. Februar 2025 im Humboldt Forum über dreißig Projekte und Orte aus allen ostdeutschen Bundesländern zusammen. Ihnen gemein ist, dass sie wie viele Orte mit DDR-Geschichte ihre ursprüngliche Nutzung verloren und eine neue Nutzung erhalten haben, manchmal auch eine zukünftige Nutzung noch ungeklärt ist. Das Symposium stellte die Frage ins Zentrum, wie diese Orte neu genutzt und damit auch gedeutet und gestaltet werden können, nicht zuletzt auch hinsichtlich gegenwärtiger gesellschaftlicher Erwartungen und Bedürfnisse. Ziel war es, unterschiedliche Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen und Netzwerke zu knüpfen. Die Umsetzung des Symposiums erfolgte in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Die Teilnehmenden – Vertreter*innen aus Bürgergesellschaft, Politik, Forschung, Denkmalpflege, Museen und Gedenkstätten – stellten unterschiedliche Orte vor, die sich im Wandel befinden: vom ehemaligen Industriegebäude bis zur Gedenkstätte, vom Kulturpalast bis zur leerstehenden Schule. Im Mittelpunkt stand der Austausch über Transformation, Erinnerung und Zukunftsperspektiven dieser Orte.
Das Humboldt Forum als Austragungsort war dabei selbst ein Sinnbild für das Spannungsfeld zwischen Geschichte und Neugestaltung. Das Symposium sensibilisierte für den ideellen, emotionalen und architektonischen Wert von DDR-Orten und eröffnete neue Denkansätze: Wie gehen wir mit »belasteten« Orten um? Welche Rolle spielen individuelle Wahrnehmungen und Emotionen? Wie lassen sich Erinnerung und Transformation zusammenbringen?
Die folgende Übersicht führt alle auf dem Symposium vertretenen Orte auf und stellt die Projekte kurz vor.
Zeichnerisch begleitet wurden die Gespräche und Diskussionen während des Symposiums durch »graphicrecording.cool«. Wir danken den beiden Zeichnerinnen Johanna Benz und Tiziana Beck für die gelungene visuelle Dokumentation.
Überblick der am Symposium beteiligten Orte
1
ASCHERSLEBEN
LANDESPOLIZEISCHULE, EHEM. OFFIZIERSSCHULE DES MINISTERIUMS DES INNEREN (MdI)
Selbstdarstellung
Von der Offiziersschule des MdI zur Landespolizeischule
Als Offiziersschule des MdI »Wilhelm Pieck« war der Standort bis 1989/90 eine der bedeutendsten Erziehungseinrichtungen des Innenministeriums der DDR für Offizierslehrgänge, aber auch »Gästelehrgänge« für ausländische Sicherheitskräfte. Teile des Geländes werden heute nicht mehr genutzt und liegen brach. Der Ort, der 35 Jahre nach der Wiedervereinigung im Verschwinden begriffen ist, bietet die Chance einer Verortung der Geschichte der Volkspolizei und der gesellschaftlichen Militarisierung der DDR.
Weitere Infos:
»Verbrechen im Visier – Die Kriminalisten-Schule Aschersleben« | www.mdr.de
2
BAUTZEN, OT KLEINWELKA
SAURIERPARK KLEINWELKA
Selbstdarstellung
Saurierpark Kleinwelka – kein Disneyland in der DDR
Im April 1978 beginnt der Dekorationsmaler Franz Gruß ein ungewöhnliches Hobby: Aus Drahtgeflecht und Beton modelliert er Saurier in Originalgröße. Bis zu seinem Tod 2006 hat er 600 Urzeittiere geschaffen! Statt Action und Entertainment setzt er auf Bildung, vor allem für Kinder. Es ist eine Vor- und Nachwende-Erfolgsgeschichte mit Hindernissen, die bis heute anhält.
Weitere Infos:
»Vom kleinen Garten zum großen Erlebnis: Die Geschichte des Saurierparks« | www.saurierpark.de
3
BERLIN, BEZIRK MITTE
EUROPEAN SCHOOL FOR MANAGEMENT AND TECHNOLOGY, EHEM. STAATSRATSGEBÄUDE
Selbstdarstellung
Vom Machtzentrum zum Bildungszentrum: Transformation des Staatsratsgebäudes
Das ehemalige Staatsratsgebäude der DDR dient seit 2006 der Wirtschaftshochschule ESMT Berlin als Campus. Der Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes hat den historischen Charme bewahrt und gleichzeitig Raum für moderne Innovationen in einer international ausgerichteten Hochschule geschaffen. Heute bildet die ESMT über 1000 Studierende aus aller Welt zu Führungskräften in dem Gebäude aus, das früher Sitz der höchsten Repräsentanten der sozialistischen Diktatur war.
Weitere Infos:
Staatsratsgebäude | www.berlin.de
4
BERLIN, BEZIRK PANKOW
ATELIERHAUS PRENZLAUER PROMENADE, EHEM. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR
Selbstdarstellung
Atelierhaus Prenzlauer Promenade – Von der Akademie der Wissenschaften zum Kulturstandort
Der Ende der 1970er Jahre errichtete Plattenbau in der Prenzlauer-Promenade in Berlin-Pankow diente zu DDR-Zeiten als Sitz der Akademie der Wissenschaften und bietet heute Arbeitsräume für Künstler*innen und Kulturschaffende. Seit 2018 befindet sich das Gebäude in der Entwicklung zu einem Kulturstandort im Auftrag der Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Weitere Infos:
Atelierhaus Prenzlauer Promenade, Über uns | www.atelierhausprenzlauerpromenade.de
5
BERLIN, BEZIRK MITTE
UNTERGRUNDMUSEUM, EHEM. SCHRIFTGIESSEREI
Selbstdarstellung
Kritische Kunst der Transformation – U144 Untergrundmuseum 1995–2025
Ein aus systemkritischer Ostkunstszene in den Transformationen der 90er Jahre in partizipativen Abwicklungsaktionen von VE-Betrieben und Institutionen entstandenes, begehbares kollektives Gedächtnis in 9 Themenräumen für »kritische Industriekultur«, Generationendiskurse und Forschung zu fossilen Autokratien und Diktaturen.
Weitere Infos:
U144 Untergrundmuseum | www.berlin.de
6
BERLIN, BEZIRK LICHTENBERG
DONG XUAN CENTER, EHEM. VEB ELEKTROKOHLE LICHTENBERG
Selbstdarstellung
Vom VEB Elektrokohle Lichtenberg (EKL) zum Dong Xuan Center. Ein Ort im Wandel der Zeit
Am Standort hatte der VEB Elektrokohle Lichtenberg (EKL), der einzige Hersteller für Graphitprodukte in der DDR, seinen Hauptsitz. Er beschäftigte zeitweise über 3.000 Mitarbeiter. Mit Einstellung der Produktion 1997 wurde die Beräumung des Areals vorangetrieben. »Đ`ông Xuân« bedeutet »Frühlingswiese«. Auf 165.000 m² bieten hier über 400 Händler aus verschiedenen Ländern eine Vielzahl von Produkten. Es ist ein bedeutender Treffpunkt für die vietnamesische Gemeinschaft, sowohl kulturell als auch in Bezug auf ihre Integration.
Weitere Infos:
Das Dong Xuan Center, »Standort großer Unternehmen von Siemens bis VEB Elektrokohle« | dong-xuan-berlin.de
7
BERLIN, BEZIRK TEMPELHOF-SCHÖNEBERG
ERINNERUNGSSTÄTTE NOTAUFNAHMELAGER MARIENFELDE
Selbstdarstellung
‚denK.Orte‘ – Erinnerungsorte von Russlanddeutschen und Verflechtungspotenziale zu Gedenkstätten wie Notaufnahmelager Marienfelde
‚denK.Orte‘ beleuchtet Erinnerungsorte von Russlanddeutschen, die mit Repressionen im Sowjetsystem verbunden sind – Erfahrungen, die die Aussiedleraufnahme in Deutschland begründen. In Ermangelung authentischer Gedenkstätten in Deutschland ist diese Geschichte im Allgemeinbewusstsein kaum präsent. Sie könnte auch an Gedenkstätten deutscher Teilung wie im Notaufnahmelager Marienfelde sichtbar gemacht werden.
Weitere Infos:
»denk.Orte« | www.junge-russlanddeutsche.de
8
BERLIN, BEZIRK FRIEDRICHSHAIN–KREUZBERG
SPORT UND ERHOLUNGSZENTRUM (SEZ)
Selbstdarstellung
SEZ für alle!
Das SEZ war mit seinem vielfältigen Sport- und Freizeitangebot sowie der modernen und offenen Architektur ein Publikumsmagnet. Nach gescheiterter Privatisierung und einem jahrelangen Rechtsstreit plant der Berliner Senat den Abriss zugunsten des Neubaus von ca. 500 Wohnungen und einer Schule. Die Initiative setzt sich für den Erhalt ein – das SEZ sollte nicht nur als bedeutendes Zeugnis der deutsch-deutschen Geschichte erhalten bleiben, sondern auch als essenzieller Ort sozialer Infrastruktur in einer massiv nachverdichteten Innenstadt.
Weitere Infos:
Über das SEZ | sez-fuer-alle.de
9
BERLIN, BEZIRK LICHTENBERG
CAMPUS FÜR DEMOKRATIE, EHEM. ZENTRALE DES MINISTERIUMS FÜR STAATSSICHERHEIT
Selbstdarstellung
Von der Stasi-Zentrale zum Campus für Demokratie
Die ehemalige MfS-Zentrale ist ein prägender Ort deutscher Diktatur- und Demokratiegeschichte. Als »Campus für Demokratie« hat sie sich zu einem etablierten Lernort für Demokratie und Symbol der Aufklärung über Diktatur und Widerstand entwickelt. Dennoch verbleiben emotionale und stadtplanerische Spannungsfelder.
Weitere Infos:
Campus für Demokratie | www.campus-für-demokratie.berlin
10
BRANDENBURG AN DER HAVEL
INDUSTRIEMUSEUM, EHEM. VEB STAHL- UND WALZWERK BRANDENBURG
Selbstdarstellung
Abriss der Geschichte? Vom Industriestandort zum Industriemuseum
Das Industriemuseum Brandenburg entstand 1992 als ABM für ehemalige Beschäftigte des VEB Stahl- und Walzwerk Brandenburg. Seit 1994 betreut ein Verein die Arbeit und übernahm im Jahr 2000 die Trägerschaft. Das Museum befindet sich in der ehem. Stahlwerkshalle, mitten in seinem Hauptexponat, dem Technischen Denkmal »Siemens-Martin-Ofen XII«.
Weitere Infos:
Industriemuseum Brandenburg an der Havel | www.industriemuseum-brandenburg.de
11
COTTBUS
MENSCHENRECHTSZENTRUM COTTBUS E.V., EHEM. ZUCHTHAUS COTTBUS
Selbstdarstellung
Politische Häftlinge der DDR besitzen ihr ehemaliges Gefängnis
Die ehemalige Strafvollzugseinrichtung Cottbus ist ein Ort wechselvoller Geschichte. 1860 als Königliches Zentralgefängnis in Betrieb genommen, wurde sie nach Gründung der DDR zum Männergefängnis und stummem Zeugen eines Unrechtssystems. Nach dessen Ende gelangten ehemalige politische Häftlinge in den Besitz ihres Gefängnisses, errichteten einen Lern- und Gedenkort und brachten sich in die Bildungsarbeit ein.
Weitere Infos:
Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus | www.menschenrechtszentrum-cottbus.de
12
DRESDEN
KULTURPALAST
Selbstdarstellung
Der Kulturpalast Dresden – Transformation eines Wahrzeichens der DDR-Moderne
Der Dresdner Kulturpalast war zum Zeitpunkt seiner Eröffnung 1969 in vielfacher Hinsicht bemerkenswert. Ein für viele Zwecke nutzbares Kulturhaus in dieser Dimension war in der DDR bis dahin noch nicht realisiert worden. Die 1945 zerstörte Dresdener Innenstadt erhielt einen Kulturbau, der rasch Anklang bei Künstlern und Publikum fand. 2017 öffnete der komplett modernisierte Kulturpalast seine Türen: ein neues Kulturzentrum, ein Haus der Künste und des Wissens, ein Ort der Begegnung, ein Raum für Kommunikation.
Weitere Infos:
Baugeschichte des Kulturpalastes | www.kulturpalast-dresden.de
13
DRESDEN
KANTINE DES VEB KOMBINATS ROBOTRON
Selbstdarstellung
Von der Abrissbirne zum Aushängeschild zum Wackelkandidaten? Die Debatte um den Erhalt der robotron-Kantine in Dresden
Die robotron-Kantine, einst der betriebliche Treffpunkt zum Speisen und Feiern im VEB robotron, steht heute exemplarisch für die Debatte um Erhalt und (Um-)Nutzung ostmoderner Architektur. Trotz Denkmalschutz und erfolgreicher Zwischennutzungen ist die Entwicklung des Ortes bedroht – ein dringender Appell für ihre Inwertsetzung und eine nachhaltige Perspektive.
Weitere Infos:
Chronologie robotron Kantine | www.robotron-kantine.de
14
DRESDEN
DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM
Selbstdarstellung
VEB Museum. Das Deutsche Hygiene-Museum als Erinnerungsort
Das Deutsche Hygiene-Museum fungierte zwischen 1949 und 1989 als staatstragendes Institut der realsozialistischen Gesundheitserziehung, als Produktionsort weltweit exportierter Lehrmittel und als populärer Veranstaltungsort. Die Ausstellung »VEB Museum« präsentierte 2024 erstmals die Institutions- und Baugeschichte und öffnete das DHMD als ambivalenten Erinnerungsort für multiperspektivische Diskussionen über die DDR und die Transformationszeit.
Weitere Infos:
Deutsches Hygiene-Museum Dresden, Geschichte | www.dhmd.de
15
ERFURT
ZOLL-BILDUNGSZENTRUM ERFURT, EHEM. BEZIRKSPARTEISCHULE DER SED
Selbstdarstellung
Angepasste Dissonanz. Aktualisierungen einer SED-Parteischule
Der Komplex der SED-Parteischule wurde 1969–72 für die Kaderbildung im Bezirk Erfurt erbaut und bis 1990 als solche betrieben. Danach nutzten ihn lange Zeit das Land Thüringen, kommunale und private Mieter – seit 2023 zum Zoll-Ausbildungszentrum transformiert, ist es immer noch ein aufgeladener Ort mit viel geschichtsdidaktischem Potential.
Weitere Infos:
SED-Bezirksparteischule Erfurt, Das »rote Kloster« | erfurt-web.de
16
ERZGEBIRGE
ERBE DER SDAG WISMUT
Selbstdarstellung
Erinnern oder Erneuern? Vom grünen Wandel einer Uranbergbaulandschaft
Die Rekultivierung der Uranbergbaulandschaften im heutigen Sachsen und Thüringen gilt international als Modellprojekt. Doch unter den begrünten Flächen und touristischen Attraktionen schlummern radioaktive Ewigkeitslasten. Wie kann die Region mit den Herausforderungen ihrer Geschichte umgehen? Braucht es neben den Sanierungsleistungen eine gesellschaftliche Debatte, um diese Risiken ins Bewusstsein zu rufen und dort zu halten?
Weitere Infos:
Wismut-Erbe-Forschung, Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig | www.saw-leipzig.de
17
FRANKFURT (ODER)
KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM
Selbstdarstellung
»Von der Geschichte überrollt« – Kunst als Zeichen städtischer Transformationen
Kunst im öffentlichen Raum ist ein sichtbares Zeichen der Geschichte einer Stadt, deren zum Teil politischen Inhalte nicht immer sofort sichtbar sind. Zwei Kunstwerke in Frankfurt (Oder) berichten davon. Realisiert wurden sie vor 1990, aufgestellt jedoch erst zur Wendezeit. Mit ihren Inhalten wurde dabei unterschiedlich umgegangen. Heute befinden sie sich an Orten, die von Ödnis, sozialen Spannungsfeldern und Stadtentwicklung geprägt sind.
Weitere Infos:
Kunst im öffentlichen Raum, Frankfurt (Oder) | kulturbuero-ffo.de
18
GRENZSTREIFEN
EHEM. DEUTSCH-DEUTSCHE GRENZE
Selbstdarstellung
Von Teilung und Einheit
Die Masterarbeit »Von Teilung und Einheit« beschäftigt sich mit der Schaffung von einfachen Übernachtungsmöglichkeiten an der ehem. innerdeutschen Grenze. Sie schlägt den Bau von 41 Schutzhütten vor, die Geschichten der DDR durch ihre individuelle Gestaltung erzählen und die Erinnerungskultur stärken.
Weitere Infos:
Von Teilung und Einheit, Geschichten einer Grenze, zur Masterarbeit von Theresa Felber | www.irge.uni-stuttgart.de
19
HALLE (SAALE)
GEMEINSCHAFTSAMT, EHEM. BEZIRKSZENTRALE DER STAATSSICHERHEIT
Selbstdarstellung
Die Geschichte des Gemeinschaftsamts: von Geheim | über Geprüft | zu Gemeinsam
Das ab 1971 entstandene Ensemble der ehemaligen Stasi-Zentrale ist in seinen wesentlichen Teilen erhalten. Nicht zuletzt die das Gelände abschirmenden Mauern, Zäune und Wachtürme vermitteln ein anschauliches Bild dieser Stadt in der Stadt. Wir reaktivieren die Flächen und schaffen ein Gemeinschaftsamt. Auf 20.000 qm Bruttogrundfläche entsteht ein Ort des kreativen Arbeitens und Lebens, mit über 100 Ateliers, Studios und Proberäumen, einem Social Innovation Lab, einem FAB-Lab und vielen Räumen für Träume und gemeinsame Projekte.
Weitere Infos:
Gemeinschaftsamt, Stasi-Bezirkszentrale Halle | gemeinschaftsamt.de
20
HALLE (SAALE)
EHEM. VENEROLOGISCHE STATION DER POLIKLINIK
Selbstdarstellung
Schleier der Verdrängung: Die geschlossene Venerologische Station der Poliklinik Halle
1961-82 beherbergte die Poliklinik in der Kleinen Klausstraße 16 in Halle (Saale) eine geschlossene Venerologische Station, in der vermeintlich geschlechtskranke Mädchen und Frauen interniert wurden. Die geschlossenen Venerologischen Stationen der DDR dienten der Kontrolle, Bestrafung und gewaltvollen Erziehung von Frauen. Heute verweist lediglich ein Gedenkstein, der regelmäßigem Vandalismus ausgesetzt ist, auf die Geschichte des Ortes. Eine kritische Aufarbeitung fehlt.
Weitere Infos:
Die »Tripperburg« in Halle | www.zeit-geschichten.de
21
HOPPEGARTEN
ORTSTOPOGRAFIE
Selbstdarstellung
Von der Unsichtbarkeit zur Erinnerung: Eine Topografie der SED-Herrschaft
Die DDR-Zeit hat in Hoppegarten zahlreiche Spuren hinterlassen. Besonders markant ist das heute leerstehende Gebäude des »Zentralen Chiffrierorgans« des Ministeriums für Staatssicherheit. Weitere Liegenschaften werden von der Gemeinde oder Privatleuten genutzt, ihre Geschichte ist meist unbekannt. Unser Projekt macht diese Spuren sichtbar und bringt Geschichte vor Ort näher.
22
LEIPZIG
VORHABEN MATTHÄIKIRCHHOF, EHEM. BEZIRKSVERWALTUNG DER STAATSSICHERHEIT
Selbstdarstellung
Erinnerung bleibt immer noch ein Ort im Entstehen. Die ehemalige Leipziger Stasi-Zentrale – Würde und Bürde einer baukulturellen Erbschaft
Im September 2017 beschloss der Leipziger Stadtrat die Entwicklung eines »Forums für Freiheit und Bürgerrechte« am Matthäikirchhof. Der Campus soll ein Ort für die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur, Widerstand und Demokratieentwicklungen werden. Dabei wird auch die Rolle von Architektur als Medium der Erinnerung thematisiert, da Erinnerungskultur in ständigen Aushandlungsprozessen zwischen Vergangenheit und Gegenwart stattfindet.
Weitere Infos:
»Von der Burg zur Stasizentrale« – Erinnerungen an den Leipziger Matthäikirchhof, Open-Air-Austellung | matthaeikirchhof.de
23
MAGDEBURG
TECHNIKMUSEUM, EHEM. SCHWERMASCHINENBAUKOMBINAT ERNST THÄLMANN
Selbstdarstellung
Und ewig grüßt das SKET. Wie eine Magdeburger Eisengießerei von 1871 unfreiwillig zum DDR-Museum wurde
SKET ist die Abkürzung für »Schwermaschinenbaukombinat Ernst Thälmann«. In Magdeburg und weit darüber hinaus ist dieser Name weit mehr: Er ist Projektionsfläche für eine scheinbar bessere Welt von gestern und Symbol für den Niedergang der DDR-Industrie. Obwohl die Geschichte des Unternehmens bereits um 1850 herum begann, ist das Technikmuseum vor allem Gedenkort der Wirtschaftsgeschichte der letzten 50 Jahre. Ob das Museum das nun möchte, oder nicht.
Weitere Infos:
Geschichte des Unternehmens SKET | www.sket.de
24
MERSEBURG
ALTE MENSA DER HOCHSCHULE MERSEBURG, EHEM. TECHN. HOCHSCHULE CARL SCHORLEMMER
Selbstdarstellung
lost place/lost art? Geschichte(n) im Schwebezustand rund um die alte Mensa der Hochschule Merseburg
Die alte Mensa der Hochschule Merseburg ist ein Prototyp der Ostmoderne. Das Gebäude wurde 1974 als multifunktionaler und sozialer Ort realisiert und integriert wertvolle baubezogene Kunstwerke. Mit der Schließung der Mensa drohen zahlreiche Geschichten – etwa einer sozialistischen Bildungsutopie, aber auch von Umnutzung und Transformation – zu verschwinden.
Weitere Infos:
»Große Pläne für alte Mensa der Hochschule: Merseburg wird digitales Zentrum«, Mitteldeutsche Zeitung | www.mz.de
25
POTSDAM
RECHENZENTRUM, EHEM. VERWALTUNGSGEBÄUDE DES DATENVERARBEITUNGSZENTRUMS
Selbstdarstellung
Ein unwahrscheinlicher Ort zur richtigen Zeit – Vom Abrissobjekt zum soziokreativen Zentrum mit Zukunft
Das Rechenzentrum ist ein lebendiger Ort künstlerischer und soziokreativer Produktion und Begegnung in Potsdams Mitte. Es befindet sich in einem von 1969–71 erbauten und bis in die 2010er als »Zentrum für Datenverarbeitung« genutzten Verwaltungsbau auf dem Areal der ehemaligen Garnisonkirche Potsdam, deren umstrittene Rekonstruktion die Debatte um den Ort u. a. stark prägt.
Weitere Infos:
Rechenzentrum Potsdam – soziokreatives Zentrum | rz-potsdam.de
26
ROSTOCK, OT LICHTENHAGEN
ERINNERUNGSORT(E) FÜR DAS POGROM VON ROSTOCK LICHTENHAGEN
Selbstdarstellung
Seit 2012 engagieren sich in Rostock Politiker*innen, Wissenschaftler*innen, Mitarbeitende der Stadtverwaltung und zivilgesellschaftliche Vertreter*innen für nachhaltige Maßnahmen der Auseinandersetzung mit dem Pogrom und der Erinnerung daran: mit künstlerischen Interventionen, Bildungsangeboten und der Zuerkennung des Denkmalstatus für Teile des Sonnenblumenhauses.
Weitere Infos:
»Gestern Heute Morgen. Fünf Erinnerungsorte für das Pogrom von Rostock Lichtenhagen 1992» | www.rostock-lichtenhagen-1992.de
27
SASSNITZ, OT MUKRAN
HAFENANLAGEN
Selbstdarstellung
Von Honeckers Superhafen zum Lost Place – Mukran als Ort des Kalten Krieges, des DDR-Außenhandels und zerstörter Hoffnungen
»Die Brücke in das Land Lenins« – so blumig beschrieb das »Neue Deutschland« 1986 die neue Fährverbindung zwischen der DDR und der UdSSR. Die größten Eisenbahnfähren der Welt fuhren vom Hafen Mukran bei Sassnitz – beladen mit zivilen und militärischen Gütern. Der Ort war ein Prestigeobjekt, Arbeitsplatz für Tausende und verfällt seit der Friedlichen Revolution.
Weitere Infos:
Fährhafen Sassnitz | de.wikipedia.org
28
SCHÖNEFELD
EHEM. »GENERALSHOTEL« AUF DEM FLUGHAFEN BERLIN-SCHÖNEFELD
Selbstdarstellung
Das GENERALSHOTEL auf dem Flughafen Schönefeld
Ob Haus für Sonderpassagiere, Spezialgästehaus, Dienstgebäude, Sonderteil Nord, Sonderabfertigung … oder schlicht »Generalshotel«: das auf dem alten Flughafen Berlin-Schönefeld gelegene Haus kann auf eine wechselvolle Geschichte blicken. Errichtet bis 1950 und genutzt von der sowjetischen Besatzungsmacht, diente es seit 1961 als Regierungsabfertigung der DDR und wurde ab 1995 von der Bundespolizei genutzt. 2023/24 wurde das Gebäude zurückgebaut.
Weitere Infos:
Generalshotel | de.wikipedia.org
29
SUHL
NEUES RATHAUS, EHEM. HAUS DER PARTEI
Selbstdarstellung
Vom »Haus der Partei« zum »Neuen Rathaus Suhl« – DDR-Moderne in der Provinz
Der Gebäudekomplex ehemalige SED-Bezirksleitung Suhl ist heute Sitz der Suhler Stadtverwaltung. Seit 2010 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Der Bau gilt als ein architektonisch prägnanter Vertreter der DDR-Moderne und ist einer der letzten authentisch überlieferten Vertreter dieser Baugattung in Thüringen.
Weitere Infos:
»Kulturpaläste in der DDR: Viele verloren, einige erhalten« | www.diethueringer.de
30
UNTERWELLENBORN
KULTURPALAST
Selbstdarstellung
#ZukunftGestalten – Die Revitalisierung des Kulturpalastes Unterwellenborn
Der in den 1950er Jahren als Belegschaftshaus und Kultur- und Bildungsstätte der Maxhütte und der Region Saalfeld-Rudolstadt erbaute »Kulturpalast Unterwellenborn« zählt zu den kulturhistorisch bedeutsamen Einzeldenkmalen in Thüringen. Seine wechselvolle Geschichte und der Leerstand seit 2019 bewegt viele Menschen bis heute. Gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie mit Engagierten und Interessierten soll erneut versucht werden, die »Revitalisierung« des Kulturpalastes voranzubringen.
Weitere Infos:
»Die Revitalisierung des Kulturpalastes Unterwellenborn« | unterwellenborn.de
31
WANDLITZ, OT BOGENSEE 33
EHEM. JUGENDHOCHSCHULE DER FDJ
Selbstdarstellung
Bogensee – Ein Lost Place mit vielfacher Vergangenheit und ohne einfache Zukunft
Mitten im Wald in Brandenburg liegt versteckt die ehemalige Jugendhochschule der FDJ. Die Gebäude stehen seit den späten 1990er Jahren leer. Sie erinnern in ihrer Symmetrie an ein barockes Schloss gebaut im sowjetischen Zuckerbäckerstil. Noch wartet das Areal auf eine neue Nutzung, bis dahin bleibt der Ort ein »Lost Place«. Wir möchten ihn gern als historischen Erinnerungsort erschließen.
Weitere Infos:
»Bogensee. Eine historische Ortsbegehung«, Online-Ausstellung ZZF Potsdam | bogensee-geschichte.de
32
WEIMAR
DENKMALENSEMBLE BUCHENWALDPLATZ
Selbstdarstellung
Der Thälmann-Kult aus chinesischer Perspektive
Der 1958 eingeweihte »Platz der 56 000«, seit 1991 Buchenwaldplatz, erinnert an Widerstandskämpfer gegen das NS- Regime, die im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurden. Durch das zentrale Thälmann-Denkmal verengte die DDR-Führung die Erinnerung auf den kommunistischen Widerstand, der zur eigenen Legitimation diente. In der Diskussion um den Umgang mit dem »Thälmann-Kult« hat sich die Auffassung durchgesetzt, die bisherige Gestaltung als ein Zeitdokument der DDR-Geschichte zu erhalten.
Weitere Infos:
Buchenwaldplatz | de.wikipedia.org
33
WITTSTOCK
EHEM. VEB OBERTRIKOTAGENBETRIEB »ERNST LÜCK«
Selbstdarstellung
»Wie man ooch mal wat macht«: Eine Initiative in einer Kleinstadt in Brandenburg – Der VEB Obertrikotagenbetrieb »Ernst Lück«
In Wittstock stand seit 1968 eine der größten und modernsten Textilfabriken der DDR, der Obertrikotagenbetrieb »Ernst Lück«. Der »OTB«, einmal der wichtigste Arbeitgeber der Region, ist heute eine Ruine und hinterlässt für die Bewohner der Stadt eine schmerzliche Lücke. Auch mit Stand 2024 tut sich noch immer nichts auf dem Gelände – das Thema polarisiert in der Kommunalpolitik und Verwaltung. Einzig die ehemaligen Mitarbeiter*innen halten die Erinnerung an den »OTB« am Leben.
Weitere Infos:
VEB Obertrikotagenbetrieb »Ernst Lück« Wittstock/Dosse | de.wikipedia.org
Nelly Evers ist seit September 2024 FSJ-lerin im Bereich »Geschichte des Ortes« der Stiftung Humboldt Forum. Geboren in Braunschweig hat sie im Sommer 2024 ihr Abitur gemacht und unterstützt im Rahmen ihres Freiwilligen Sozialen Jahres Kultur das GdO-Team.
Judith Prokasky ist Teil des Programmteams »Der Palast der Republik ist Gegenwart«. Sie ist promovierte Kunsthistorikerin, Rheinländerin, seit über zwanzig Jahren als Kuratorin & Publizistin tätig, seit Anfang 2014 für die Stiftung Humboldt Forum, aktuell als Programmleiterin für »Der Palast der Republik ist Gegenwart«.
Juliane Bünsche ist studentische Mitarbeiterin im Bereich »Geschichte des Ortes« der Stiftung Humboldt Forum. Sie studiert »Bildung und Vermittlung im Museum« als Master an der HTWK Leipzig und hat zuvor 20 Jahre im Szenenbild bei Kino- und Fernsehproduktionen, national und international, gearbeitet.
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