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Zeitlos modern und leicht zu gebrauchen

von Bianca Hupfer 12.06.2024, 14 Min. Lesezeit

Das Edelstahlgeschirr »ABS rostfrei 188« von Christa Petroff-Bohne

Milchbar im Palast der Republik, 1970er Jahre
© Deutsches Historisches Museum / digitale Reproduktion: Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss
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In einer Ausstellung über den Palast der Republik darf das Edelstahlgeschirr der Designerin Christa Petroff-Bohne nicht fehlen. Unsere Kollegin Bianca Hupfer informiert uns über die Entstehung des Geschirrs mit dem zeitlosen Design, das sich heute in etlichen privaten Haushalten befindet. Ihre Recherchen und ihr Wissen sind in das Programm »Der Palast der Republik ist Gegenwart« eingeflossen.

»Es [waren] einfach schöne Formen, mit denen man heute auch leben kann. Die nicht modisch sind, sondern die modern waren. Und darin begründet sich auch die Langlebigkeit.«

Bereits als sehr junge Designerin erhielt Christa Petroff-Bohne (Jahrgang 1934) ihren ersten großen Auftrag. Ihr Kollege am Institut für angewandte Kunst in Ost-Berlin, Albert Buske, hatte sie an das Unternehmen Auer Besteck- und Silberwarenwerken (ABS) empfohlen, das sie 1956 mit der Neuentwicklung einer Hotelgeschirr-Serie beauftragte. Sie sollte ein ganzes Sortiment und mehrere Besteckmodelle entwerfen. Es entstand die Serie mit dem schnörkellosen Titel »ABS rostfrei 188«, die auf eine sachliche Eleganz setzte und sich von der jahrzehntealten Tradition der Geschirr-Ornamentik absetzte. Nicht nur die stark reduzierten Formen überzeugten letztendlich ihre Auftraggeber, sondern auch die ganz auf die Gebrauchsfunktion ausgerichtete Gestaltung.

Ihre Entwürfe konzentrierten sich auf eine sinnvolle Handhabung des Gegenstands. Petroff-Bohne berücksichtigte für die Gestaltung der Geschirr-Serie unter anderem gastronomische Ansprüche, zu denen eine platzsparende, effektive Aufbewahrung, das einfache zügige Säubern sowie eine angenehme Handhabung zählen. Dennoch sollten die Objekte durch ihre Eleganz bestechen und die Nutzer*innen ansprechen.

Konzipiert für die gehobene Gastronomie wurde die Serie auch für den Palast der Republik übernommen und mit dem PdR-Signet von Klaus Wittkugel versehen.

Christa Petroff-Bohne, 1970er Jahre
© Anneliese Bonitz / Kunsthochschule Berlin-Weißensee

In der Sonderausstellung »Hin und Weg – Der Palast der Republik ist Gegenwart« sind einige Objekte zu sehen: ein Wein- oder Sektkühler (1958), ein Sahnegießer (um 1960), eine kleine und große Mokkaportionskanne (ab 1961) sowie eine Zuckerdose mit Zange und Zuckerschale (um 1962). Sie zeigen einen kleinen Ausschnitt der umfangreichen Serie und verdeutlichen zusammen mit weiteren Ausstattungsobjekten aus dem Palast, den Anspruch einer übergreifenden und aufeinander abgestimmten Gesamtgestaltung des Hauses.

Mokkaportionskannen (35 cl und 20 cl) und Sahnegießer (3 cl) aus der Edelstahlgeschirr-Serie »ABS rostfrei 188« aus dem Palast der Republik, 2023
© Christa Petroff-Bohne (Design) / © Klaus Wittkugel, Akademie der Künste Berlin (Signet) / Sammlung J. Schröder / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Sebastian Eggler
Wein- oder Sektkühler aus der Edelstahlgeschirr-Serie »ABS rostfrei 188« aus dem Palast der Republik, 2023
© Christa Petroff-Bohne (Design) / © Klaus Wittkugel, Akademie der Künste Berlin (Signet) / Sammlung J. Schröder / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Sebastian Eggler

»ABS rostfrei 188« wurde aus hochwertigem Chromnickelstahl gefertigt. In außergewöhnlich hohen Stückzahlen produziert, war es ausschließlich für die Gastronomie vorgesehen. Für den Privatgebrauch konnten die Stücke kaum erworben werden. Dennoch erfuhren sie eine große Präsenz und Verbreitung im Alltag. Viele Gäste fanden andere Wege, um in den Besitz der begehrten Stücke zu gelangen.

Zur Vorbereitung der Ausstellung zum Palast der Republik besuchten Mitarbeiter*innen des Teams Geschichte des Ortes im Oktober 2021 die Ausstellung »Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne« im Hamburger Museum für Kunst & Gewerbe, die das Gesamtwerk der Designerin präsentierte.

In der Ausstellung »Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne« im Hamburger Museum für Kunst & Gewerbe, 2021
© Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Kai-Britt Albrecht
In der Ausstellung »Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne« im Hamburger Museum für Kunst & Gewerbe, 2021
© Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Kai-Britt Albrecht

Die Edelstahlgeschirr-Serie ist ein herausragendes Beispiel für das Gesamtwerk von Petroff-Bohne. Ihre Experimentierfreude und das Bemühen um die perfekte Form, verbunden mit einer zeitlosen Produktästhetik, die unter anderem auf dem völligen Verzicht von Dekor beruht, zieht sich durch ihr gesamtes gestalterisches Werk und ist zugleich auch ein Spiegel ihrer Zeit.

Zuckerdose mit Deckel (250 ml) und Zuckerzange aus der Edelstahlgeschirr-Serie »ABS rostfrei 188« aus dem Palast der Republik, 2023
© Christa Petroff-Bohne (Design) / © Klaus Wittkugel, Akademie der Künste Berlin (Signet) / Sammlung J. Schröder / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Sebastian Eggler

Die Formgestaltung in der DDR der 1950er Jahre war geprägt von der Idee, handwerklich und gestalterisch anspruchsvolle Produkte mit zweckmäßigen Formen zu entwickeln. Die Gestaltung der Gegenstände orientierte sich an ihrer Nutzung. Eine einfache Bedienung sowie ein schnörkelloses Äußeres und die Klarheit der Formen waren die obersten Gestaltungsgebote. Und auch der Rohstoffmangel verlangte die Entwicklung langlebiger, ressourcenschonender und wartungsarmer Gebrauchsgegenstände.

Empfehlenswert:
Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne, hg. von Angelika und Jörg Petruschat sowie Silke Ihden-Rothkirch, Berlin 2020.

Haben wir Euch neugierig gemacht? Dann kommt gern vorbei.

Seit 16. Mai 2024 könnt Ihr einige Objekte aus der Edelstahl-Serie in der Ausstellung entdecken:

»Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart«

Bianca Hupfer arbeitet als Medienmanagerin in der Stiftung Humboldt Forum und ist für Urheberrecherchen und Rechteklärungen zuständig.

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