50 Jahre Grundsteinlegung
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs stand in Berlins Mitte die Ruine des Berliner Schlosses. Auf Befehl Walter Ulbrichts (Generalsekretär des Zentralkomitees der SED) wird 1950 diese Ruine abgerissen und damit ein Machtsymbol preußischer Herrschaft beseitigt. In den folgenden 20 Jahren werden zahlreiche Entwürfe zur Nutzung der freien Fläche erstellt. Schließlich steht 1972 fest: auf dem bis dahin für Aufmärsche genutzten Platz soll ein Mehrzweckgebäude entstehen. Als Ergänzung zum hoch aufragenden Fernsehturm soll das neue Gebäude flacher sein. Begründet wird das mit der symbolischen Volksnähe, die der Repräsentationsbau ausstrahlen soll, aber nicht zuletzt spielt auch die Instabilität des Bodens auf der Spreeinsel eine Rolle. Das Planungskollektiv rund um den Architekten Heinz Graffunder, zu dem auch Karl-Ernst Swora, Manfred Prasser, Günter Kunert und Wolf R. Eisentraut zählen, errichtet innerhalb von nur drei Jahren den Palast der Republik; 1976 ist der Bau rechtzeitig zum 9. Parteitag der SED beendet und repräsentiert fortan den Machtanspruch der DDR.
Anlässlich der Grundsteinlegung am 2. November 1973 versammelt sich die Staats- und Parteiführung auf dem Marx-Engels-Platz (heute: Schlossplatz). Der Kundgebung und den zeremoniellen drei Hammerschlägen Erich Honeckers auf den Grundstein wohnen hunderte Bauarbeiter*innen, Architekten, Ingenieur*innen und Soldaten bei. Feierlich verkündet der Parteichef Honecker: »Mein erster Hammerschlag gilt unserem sozialistischen Vaterland. […] Mein zweiter Hammerschlag gilt den Bauherren, dem Volk der Deutschen Demokratischen Republik und seinen gewählten Organen […]. Mein dritter Hammerschlag gilt den Erbauern des Palastes, den Bauarbeitern, den Monteuren, Meistern, Ingenieuren, Architekten und Künstlern […].« Neben dem Grundstein wurde auch eine »Zeitkapsel« im Fundament versenkt, in der sich unter anderem eine Tageszeitung, Münzen und Bauzeichnungen befanden.[1]
Die Baustelle am Marx-Engels-Platz entwickelt sich zu einer Leistungsschau der DDR. Das ehrgeizige Ziel, den Palast innerhalb von nur drei Jahren fertigzustellen, erreicht man durch die Konzentration sämtlicher Ressourcen. Fachkräfte werden aus der gesamten DDR, mitunter auch aus dem Ausland einbezogen, die Materialien für den Bau und die Ausstattung werden ebenso aus dem In- und Ausland beschafft, andere notwendige Bauvorhaben wie Wohnungsbauprojekte werden zurückgestellt. Im Volksmund ist schnell die Rede vom »Ballast« der Republik.
Zugleich Staatsgebäude und Freizeitzentrum beherbergt der Palast der Republik die Volkskammer der DDR, einen Konzert- und Veranstaltungssaal sowie öffentliche Aufenthaltsorte, die für alle Menschen frei zugänglich sind. Das vielfältige Angebot bietet 13 Restaurants, mehrere Bars und Bierstuben, Bowlingbahnen und einen Jugendtreff. Je üppiger das Angebot im Palast jedoch ist, desto deutlicher wird der Kontrast zu den Verhältnissen im Rest des Landes. Von Vielen wird das Prestigeobjekt als eine utopische Version der DDR wahrgenommen, die sich nicht mit der eigenen Lebensrealität vereinen lässt.
In der Sonderausstellung »Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart«, die am 16. Mai 2024 eröffnet, thematisiert das Humboldt Forum die Entstehungs-, Nutzungs- und Abrissgeschichte dieses spannenden Gebäudes.
[1] Aufbauleitung Sondervorhaben Berlin (Hrsg.), Der Palast der Republik und seine Erbauer. 1973/1976, Berlin 1976
Julika Templin war bis Juni 2024 FSJlerin im Bereich »Geschichte des Ortes« der Stiftung Humboldt Forum. Geboren in Rostock hat sie im Sommer 2023 die Schule beendet und unterstützte im Rahmen ihres Freiwilligen Jahres Kultur das Team Geschichte des Ortes (kurz: GdO).